Sie erinnern sich vielleicht – vor einigen Wochen habe ich für den Daimler Blog von unserem Formula Student Projekt berichtet. Damals standen wir kurz vor dem großen Event des Jahres – der Formula Student Germany am Hockenheimring, einem ganz besonderen Wettbewerb für alle deutschen Teams. Zu diesem Ereignis kommen nicht nur zahlreiche unserer Sponsoren, um sich die Ergebnisse Ihrer Unterstützung anzuschauen, sondern auch Familien und Freunde. Man möchte sich also von der besten Seite zeigen und muss sich ganz besonders anstrengen und nochmals mehr leisten als bei allen anderen Events, da man sich nicht nur um das Fahrzeug und die anstehenden Disziplinen kümmern muss, sondern zudem Rundgänge über das Eventgelände mit den Sponsoren und Familien macht.
Auch die Daimler AG und Mercedes-AMG waren wieder zu Besuch am Hockenheimring und präsentierten einen Stand, der zahlreiche Besucher und auch Teammitglieder anlockte. Uns bescherten sie ein ganz besonderes Erlebnis – ein Treffen des Teams mit Bernd Schneider. Es war für uns sehr interessant mit einem erfahrenen Rennfahrer zu sprechen und vor allem seine Meinung zu unserem Fahrzeug zu hören. Besonders gefreut haben wir uns natürlich darüber, dass er in unserem Fahrzeug Platz nahm und sich darin sichtlich wohl fühlte, auch wenn er eher andere Rennfahrzeuge gewohnt ist.
Nachdem wir vor Hockenheim bereits bei einem ersten Rennen in Silverstone, England waren, folgten nun noch die Events in Györ, Ungarn und Spielberg, Österreich. Unser Team hat somit in der Saison 2013 im Laufe von zwei Monaten vier Events in Europa besucht, die jeweils knapp eine Woche dauerten. Dabei folgen alle Formula Student Events einem streng geplanten Ablauf: Nach der Ankunft an der Rennstrecke wird der Zeltplatz aufgebaut, es werden die Boxen bezogen und alles vorbereitet für das sogenannte Scrutineering. Bei diesem Test wird geprüft, ob das Fahrzeug regelkonform gebaut ist, d.h. es wird jedes Bauteil kontrolliert, das Vorgaben durch das Reglement hat. Dabei steht die Sicherheit im Vordergrund und es wird auch versucht, uns Studenten in unserer Kreativität nicht einzuschränken. Jedes Team versucht natürlich, hier so schnell wie möglich durch zu kommen, um noch ein bisschen Testzeit auf der Rennstrecke nutzen zu können, um letzte Einstellungen am Fahrzeug zu machen.
Der eigentliche Wettbewerb beginnt dann mit den statischen Disziplinen. Dazu zählen das Engineering Design Event, das Cost Event und der Business Plan. Im Anschluss daran geht es auf die Rennstrecke zu den dynamischen Disziplinen bestehend aus Acceleration, d.h. die Beschleunigung auf einer 75m langen Strecke, Skid Pad, das Durchfahren einer liegenden Acht (in Hockenheim sogar unter verschärften Bedingungen als Wet Pad mit nasser Strecke!) und dann der AutoX, bestehend aus einem anspruchsvollen Parcours. Jeder Event schließt mit der wichtigsten Disziplin ab: Dem Endurance, einer 22 km lange Strecke in Form von Runden auf einem Parcours, bei der nach der Hälfte ein Fahrerwechsel vollzogen wird. Der „KIT13c“, der mit unserem selbst entwickelten Aggregat ausgestattet ist, war dynamisch vor allem im AutoX und im Skip Pad sehr stark und konnte den Skid Pad in Ungarn sogar für sich entscheiden. Auf Grund der starken Leistungen im Autocross sowohl des KIT13c als auch des KIT13e, waren die beiden Fahrzeuge in Hockenheim unter den Final Five und in Ungarn unter den Top 3, so dass sie sogar gemeinsam im „Endurance-Finale“ starten durften, was uns natürlich besonders stolz machte.
Um alle Disziplinen und das Scrutineering im kurzen Zeitraum eines Events unterzubringen, ist ein ziemlich straffer Zeitplan vorgesehen. Daher hat jedes Teammitglied eine andere Aufgabe, während manche für das ganze Team kochen, sind andere am Fahrzeug oder kümmern sich um die Box. Das bedeutet für uns Teammitglieder: wir sind Tag und Nacht beschäftigt.
Jeder Wettbewerb ist deshalb für unser Team auch mit Stress verbunden – aber auch mit sehr vielen Emotionen und schönen Momenten. Man präsentiert die Arbeit eines ganzen Jahres und fiebert daher bei jeder Disziplin – vor allem beim Endurance – am Rande der Rennstrecke gemeinsam mit Teammitgliedern aus dem eigenen aber auch aus anderen Teams mit. Stress kommt vor allem auf Grund des Zeitplanes auf, da die einzelnen Disziplinen sehr schnell aufeinander folgen und man den ganzen Tag konzentriert arbeiten muss. Die größte Erleichterung gefolgt von einer riesen Freude erleben die Teams, wenn ihr Fahrzeug nach dem Endurance, nach einer knappen halben Stunde voller Bedenken, über die Ziellinie fährt und somit das Event beendet ist. Nach diesen Anstrengungen freuen wir uns dann umso mehr auf die Award Ceremony mit anschließender Party, bei der die Sieger der einzelnen Disziplinen sowie die Gesamtsieger gekürt werden und endlich der Druck abfällt und die Anstrengungen belohnt werden. Wenn dann bei der Award Ceremony die Startnummer des eigenen Fahrzeuges bzw. der Name des eigenen Teams aufgerufen wird, ist die Freude grenzenlos. Für unser Team war vor allem der Gewinn des Engineering Awards mit dem KIT13c in Hockenheim ein ganz besonderer Moment, da dieser Sieg völlig unerwartet kam. Der größte Erfolg der Saison 2013 war der zweite Platz Overall des KIT13c begleitet von zahlreichen weiteren Awards für unsere beiden Fahrzeuge KIT13c und KIT13e in Ungarn. Es ist schön zu sehen, dass die ganze Arbeit sich auszahlt und man dafür belohnt wird.
Nun ist die Frage, was bleibt nach einer abgeschlossenen Formula Student Saison? Es sind vor allem zahlreiche Eindrücke, Erlebnisse, Emotionen und die Erfolge sowie die Niederlagen, aus denen man gelernt hat. Rückblickend war es ein Jahr voller Arbeit und Lernen, aber auch zahlreicher toller Erlebnisse, die ich mit dem Team gemacht habe und welche die Zeit zu etwas ganz Besonderem gemacht haben, dazu gehören spontane gemeinsame Grillabende an der Garage oder Testtage, an denen man zahlreiche Kilometer mit dem KIT13c zurückgelegt hat. Vor allem der Zeitraum von Anfang Juli bis zum Ende der Saison – also die Zeit, in der die Wettbewerbe stattgefunden haben – war für mich prägend, da das Team eine lange Zeit sehr eng zusammen gelebt und gearbeitet hat und wir sehr viel gemeinsam erlebt haben, immerhin haben wir Rennstrecken in vier verschiedenen Ländern Europas besucht.
Für mein Team war es eine sehr erfolgreiche Saison mit zahlreichen Awards sowohl mit dem Verbrenner- als auch mit dem Elektrofahrzeug. Wir haben viele internationale Teams kennen gelernt, viel über Technik und Innovationen erfahren und neue Ideen gesammelt. Mit jedem Event ist das Team ein bisschen mehr zusammen gewachsen und stärker geworden. In der Zeit gab es natürlich auch Krisen, die man gemeinsam bewältigen musste, aus denen das Team gelernt und die Möglichkeit genutzt hat, das Fahrzeug durch die neuen Erkenntnisse weiter zu verbessern und zuverlässiger zu machen.
Auch in der nächsten Saison werden die beiden von AMG unterstützen Formula Student Teams KA-RaceIng und joanneum racing graz wieder mit ihrem selbstentwickelten Aggregat, dem FS133, an den Start gehen. Die neuen Teams haben bereits mit den Konzepten für die Fahrzeuge begonnen und man versucht aus gemachten Fehlern zu lernen und an die Erfolge der vergangenen Saison anzuknüpfen. Unsere Aufgabe besteht nun darin, unsere Erfahrungen an das neue Team weiterzugeben und sie mit dem gesammelten Wissen zu unterstützen. Für die meisten von uns, dem Team der Saison 2013, gilt es nun sich wieder dem Studium zu widmen – so auch für mich. Doch auch wenn man nicht mehr aktiv im Team ist, bleibt man der Formula Student und dem eigenen Team noch verbunden und versucht so oft wie möglich dem neuen Team unter die Arme zu greifen, indem man beispielsweise bei der wöchentlichen Teamsitzung vorbei geht, um Ratschläge zu den Ideen und Konzepten zu geben oder gemeinsam mit dem neuen Team Änderungen an Bauteilen am Vorjahresfahrzeug testet.