Hallo, ich heiße Florian und bin Auszubildender zum Zerspanungsmechaniker im Werk Berlin, welches übrigens das älteste Werk der Daimler AG ist. Unser Werk mit rund 2600 Mitarbeitern baut keine Autos, sondern fertigt Komponenten und Motoren.
Im Werk Berlin werden Kurbelgehäuse und Zylinderköpfe des V6-Dieselmotors gefertigt, die im Anschluss gleich in unsere Motorenmontage gelangen. Die Camtronic (Ventilhubumschaltung an der Nockenwelle), die in Berlin entwickelt wurde, wird ebenso wie verschiedene Nockenwellen, Getriebeteile, Pumpen und Rails hier gefertigt.
Warum Zerspanungsmechaniker
Ich bin jetzt im dritten Ausbildungsjahr. Angefangen hat alles 2011, bevor ich mein Abitur absolviert habe. Für mich stand schon damals fest, bei einem großen Industrieunternehmen meine Ausbildung zu machen und dort zu arbeiten. Ich war schon immer an Technik interessiert und schraube auch in meiner Freizeit an älteren motorisierten Zweirädern. Ich las dadurch in einem Forum im Internet über den Beruf des Zerspanungsmechanikers und informierte mich weiter.
Zerspanungsmechaniker richten CNC-Fertigungsanlagen für äußerst genaue Werkstücke ein, überwachen diese, optimieren den Prozess und sichern die Qualität. Dabei kommen verschiedene spanende Verfahren wie Drehen, Fräsen, Schleifen, Bohren, Reiben oder Honen zum Einsatz. Das Berufsbild weckte viel Interesse in mir und glücklicherweise bot Mercedes-Benz diese Ausbildung an. Nachdem ich ein mehrstufiges Auswahlverfahren mit Vorort-Test, praktischen Übungen und ärztlichem Test bestehen musste, hielt ich zwei Tage vor Weihnachten meinen Ausbildungsvertrag in den Händen – ein tolles Weihnachtsgeschenk!
Im September 2012 ging es dann los. Ein Umzug nach Berlin lag hinter mir. Nachdem erste Grundlagen, wie Messen und Bohren, geschaffen waren, wurden wir gleich an CNC-Maschinen in unserer Lehrwerkstatt angelernt. Dabei kombinierten wir Theorieunterricht und Praxis an der Maschine.
Augenmerk bis zur ersten Prüfung in der Mitte des zweiten Lehrjahres lag auf den grundlegenden Fertigungstechniken an Dreh-und Fräsmaschinen. Danach wurden wir in Fachbereiche versetzt um die Arbeit an den CNC-Maschinen für unterschiedliche Aufgaben kennenzulernen. Am Ende der Ausbildungszeit, die regulär 3,5 Jahre beträgt, kommen die Azubis wieder in der Berufsausbildung zusammen, um sich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten.
Das Auslandspraktikum
Ein ganz besonderes Erlebnis in der Ausbildung war ein Auslandspraktikum im dritten Lehrjahr. Im zweiten Jahr meiner Ausbildung wurde uns die Möglichkeit gegeben, uns für ein Auslandspraktikum zu bewerben. Kurzentschlossen gab ich meine Bewerbung ab und wenige Zeit später waren 6 Azubis, inklusive mir, ausgewählt. Unser Ziel für diese drei Wochen hieß Kecskemét. Kecskemét liegt ca. 60km südlich von Budapest in Ungarn. Im dortigen Mercedes-Benz-Werk, das im Jahr 2012 eröffnet wurde, wird neben der B-Klasse und dem CLA, neuerdings auch der CLA Shooting-Brake gebaut. Die Werksfläche beträgt ca. 1,6 Mio. m², wovon 250.000 bebaut sind, ähnlich der bebauten Fläche des Werkes Berlin. Beschäftigt sind dort ca. 3600 Mitarbeiter.
Unser Arbeitsplatz befand sich aber nicht im Mercedes-Benz Werk, sondern in der dortigen Ausbildung. Die Ausbildungsstätte befindet sich etwa zehn Kilometer entfernt vom Werk.
Das Projekt
Im Vorhinein mussten einige Planungsarbeiten von uns Azubis durchgeführt werden. Wir nahmen mit unserem Ausbildungsmeister Kontakt zur dortigen Ausbildung auf, um unser Ziel des Aufenthalts zu klären und um Appartements zu organisieren. Unsere Aufgabe sollte sein, Dreh-und Fräsgrundlehrgänge zu geben. Diese verpackten wir in ein Projekt, welches aus einer gefrästen Grundplatte und einem kleinen gedrehten Turm bestand.
Zusätzlich erstellten wir nicht nur Zeichnungen und Ablaufpläne, sondern bereiteten auch Theorieunterricht mit abschließenden Lernzielkontrollen vor.
Los geht’s
Im September 2014 war es endlich soweit. Mit zwei neuen Firmenwagen fuhren wir die rund 1000km bis Kecskemét an einem Tag. Endlich angekommen, konnten wir den Sonntag nochmal bei sonnigen 25°C und einem Eis genießen, bevor wir uns am darauf folgenden Tag in die Arbeit stürzten.
Am ersten Arbeitstag bekamen wir eine ausführliche Werksführung. Es war schon erstaunlich, wie die gewaltigen Stanzwerke die verschiedenen Karosserieteile formten, wie diese verschweißt, lackiert und fertig montiert wurden. Ein großer Unterschied zu unserem Werk.
Am Nachmittag lernten wir anschließend Ausbilder und Ausbildung kennen. Es blieb noch etwas Zeit, um uns dort vorzubereiten und sich mit den Maschinen vertraut zu machen. Die restlichen vier Tage der Woche wurden die ersten ungarischen Tanuló (ungar.: Auszubildender) erfolgreich durch Ihren ersten spanenden Lehrgang von uns begleitet werden. Dabei erhielten sie eine 2:1 Betreuung und wurden Schritt für Schritt angelernt.
Ein Erfolgserlebnis
Die Ausbildung des Werkes in Kecskemét ist wirklich gut ausgestattet. Viele Erfahrungen aus Deutschland sind in das dortige Werk geflossen, so auch in die Ausbildung. Die Maschinen ähnelten sehr der unseren, umso schwieriger war jedoch die Verständigung mit den Azubis. Die Ausbilder sprachen zwar sehr gut Deutsch, die Azubis aber sprachen nur ungarisch und teilweise ein wenig englisch. Kurzerhand haben wir dafür Metaplanwände gestaltet. Präpariert mit den Begriffen wie Drehzahl, Vorschub und diversen Zahlen auf Deutsch und auf Ungarisch, fiel es uns schon viel einfacher.






Sofort merkte man, wie die ungarischen Azubis die Verfahren viel besser verstanden und sich sogar gegenseitig halfen – ein Erfolgserlebnis! Zwischendurch ließen wir den Azubis Zeit sich theoretisches Wissen anzueignen. Glücklicherweise war ein CBT-Lernprogramm (CBT= Computer based training = computerbasierendes Lernen) auf Ungarisch vorhanden, welches wir auf Deutsch auch in Deutschland nutzen. Dieses Lernprogramm vermittelt alle Inhalte spanender Verfahren wie Bohren, Drehen, Fräsen oder auch Schleifen. Dadurch konnten die ungarischen Azubis sehr selbstständig lernen und ihr neues Wissen auch gleich in die Praxis umsetzen.
Ungarn: nicht nur lecker
An den Wochenenden nutzten wir unsere freie Zeit. Drei Mal besuchten wir Ungarns Hauptstadt Budapest, schauten uns die wunderschöne Architektur an und genossen auch hier gutes Essen bei gemütlichem Beisammensein. Das waren rundum gelungene drei Wochen wie wir finden.
Nach Abschluss meiner Ausbildung bin ich Facharbeiter und werde zunächst mit meinen Mitauszubildenden in der Motorenmontage arbeiten. Ich möchte danach weitere Berufserfahrungen sammeln. Den Bildungsweg möchte ich aber weiterhin beibehalten und möglichst ein Studium absolvieren. Daimler bietet dafür unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, eine Betriebsvereinbarung zur Qualifikation und das Daimler Academic Programm (ein gefördertes Studium) an.