In meinem Stadtteil gibt es einen Supermarkt, der für seine übellaunigen Mitarbeiter berüchtigt ist. Damit Sie einen Eindruck bekommen: Wer in meiner WG eine Wette verliert oder den Putzplan großzügig überzieht, muss zur Strafe dort einkaufen gehen.
Dieser Schaudermarkt ist also der ultimative Stresstest für mein neues Wissen aus dem letzten „Intermediate Training“, das im Rahmen des Studentenförderprogramms Daimler Student Partnership (DSP) stattgefunden hat.
Das zweitägige Seminar drehte sich um Beziehungsmanagement, lösungsorientiertem Denken und effektiver Sprache und ich hatte die Ehre von Margarete Beyer, einer unheimlich inspirierenden und guten Trainerin zu lernen. Ob nun Informationen zu unserem Stammhirn, zu verschiedenen Persönlichkeitsmodellen und oder zu konstruktiver Kommunikation – sie vermittelte die Inhalte spannend und nachhaltig.
Von Flipcharts und Metaphern
Das hat sie einerseits ihrer Erfahrung als Diplom-Psychologin zu verdanken und andererseits ihrer Art Informationen zu präsentieren. Denn sie hat uns nicht mit Powerpoint gelähmt, sondern Geschichten mithilfe von bebilderten Flipcharts erzählt. Das menschliche Gehirn kann Fakten besser speichern, wenn sie mit Metaphern verknüpft sind. Ihre Erzählungen basierten dabei auf sachlichen Informationen und bauten sich mit Zeichnungen und Papierbausteinen nach und nach zu einem Gesamtbild auf. Daher fiel es mir im Intermediate Training leicht die vielen Informationen zu merken.
Wir starteten mit dem Team Management System. Dieses Modell verbindet fachliche Eignung für eine Tätigkeit mit der Begeisterung für bestimmte Aufgabenbereiche, nach dem Motto: „Was kann ich und was mag ich?“. Die Präferenzen drehen sich dabei um den Umgang mit anderen, wie wir Informationen beschaffen, Entscheidungen treffen und uns organisieren.
Die eigenen Präferenzen nutzen und die der anderen wertschätzen
Ein Beispiel zweier völlig unterschiedlicher Menschen könnte lauten: Person A entwickelt Ideen gerne in der Gruppe, mag klar definierte Anforderungen, entscheidet aufgrund von Werten und Überzeugungen und ist sehr zeitbewusst. Person B überlegt sich lieber vorher Worte und Handeln, schaut gerne auf das große Ganze, orientiert sich an objektiven Entscheidungskriterien und ändert häufiger terminliche Prioritäten. Person A und B können dabei dieselbe fachliche Aufgabe übernehmen, unterscheiden sich jedoch in ihren Präferenzen.
Das Team Management System besagt, dass ein Team besonders dann erfolgreich ist, wenn sich dort acht verschiedene Rollen wiederfinden. Jede Rolle hat bestimmte Ausprägungen der Präferenzen. Mir hilft das Modell bei drei Dingen: Erstens regt es an, sich über die eigenen Vorlieben klar zu werden. Zweitens zeigt es mir, dass ich nicht das Komplettpaket von Beratung, Innovation, Promotion, Entwicklung, Organisation, Umsetzung, Überwachung und Stabilisierung leisten muss, wenn mir Bereiche davon weniger liegen. Drittens: Ich schätze Teammitglieder für ihre Präferenzen, auch wenn ich ihre Begeisterung nicht teilen kann.
Steinzeithirn vs. modernes Hirn
Wussten Sie, dass die Evolution uns zu negativem Denken programmiert hat? Das Stammhirn, unser sogenanntes „Steinzeithirn“, ist ziemlich schlecht drauf. Es sieht vor allen Dingen Probleme, Störungen, Misserfolge und Fehler. Das „moderne Hirn“, das sich erst später entwickelt hat, sucht nach Lösungen, sieht Chancen und Erfolge und konzentriert sich auf Positives. Der Kabarettist Dr. Eckhard von Hirschhausen erklärt das so:
Der Steinzeitmensch hatte einfach höhere Überlebenschancen, wenn er Gefahren direkt erkannte und nicht glücksbetrunken über die Wiesen hüpfte.
Weil ich mich in absehbarer Zeit nicht mit Säbelzahntigern herumschlagen muss, bringt mich eine positive Einstellung für die Lösung von Problemen weiter. Frau Beyer hat uns gezeigt, wie man das anstellen kann. Zum Beispiel durch Reframing. Hierbei bewerte ich unveränderliche Situationen neu. Wenn mir mein Vermieter den Vertrag wegen Eigenbedarf kündigt, nutze ich die Chance, um mir endlich eine Wohnung mit Balkon zu suchen.
Missverständnisse durch eine positive Einstellung vermeiden
Eine positive Einstellung hat Einfluss auf unsere Wahrnehmung und wie wir Äußerungen von anderen interpretieren. Wenn also mein Gesprächspartner schlecht drauf ist, stehen die Chancen sehr gut, dass er oder sie mich missversteht und verstimmt antwortet. Ein Gespräch zwischen zwei Mitbewohnern soll als Beispiel dienen: „Immer muss ich alles machen.“ – „Was soll das denn heißen?! Ich habe gestern noch den Müll runter gebracht!“ – „Das ist ja auch wahnsinnig anstrengend, wenn die Tonne direkt vorm Haus steht.“
Sie merken, eine völlig ineffektive Kommunikation. Es hilft zu wiederholen, was man meint verstanden zu haben. Das stellt sicher, dass die Botschaft auch im gemeinten Sinne ankommt und signalisiert Anteilnahme. Das Beispiel könnte dann so lauten: „Immer muss ich alles machen.“ „Wünscht Du Dir, dass ich Dich mehr unterstütze?“ – und schon verläuft das Gespräch in geglätteten Bahnen.
Erlerntes in die Tat umsetzen
Die Wertschätzung anderer, meine Einstellung und eine effektive Sprache – was bringt mir dieses Wissen nun im Schaudermarkt, dem Benchmark der Reizbarkeit? Ich zog los, um mich zu testen. Und die Bedingungen waren bestens: Freitagabend, kurz vor Ladenschluss, die Schlange an den Kassen war zwanzig Leute lang. Die Mienen der Kunden verrieten, dass sie sich schwuren beim nächsten Mal in einen anderen Supermarkt zu gehen.
In Gang Zwei hatte jemand ein Glas Kirschen auf dem Boden zertrümmert und hinten im Laden piepste der volle Leergut-Automat. Weit und breit war nur eine Mitarbeiterin, die kassierte und zwischen den Kassen hin und hersprang. Völlig entnervt blökte sie mich an, als ich mich an die Schlange stellte, wo sie gerade kassierte. „Hier ist nur mit EC-Karte!“ – „Das ist in Ordnung. Ich zahle auch mit EC-Karte.“ Genervt verdrehte sie die Augen. Ich: „Ist es Ihnen lieber, wenn ich an der anderen Kasse bezahle?“
Sie sagte nichts und zog hektisch die Waren über den Scanner. Ich versuchte es nochmal: „Sie sind hier ganz alleine im Laden, oder?“ „Ja, leider. Vorhin ist drüben das Lesegerät für die EC-Zahlung ausgefallen, da geht nur noch Bargeld.“, sagte sie ein wenig entlasteter. Ich: „Das heißt, an dieser Kasse hier funktioniert alles?“ „Ja, genau.“ Daraufhin wandte sie sich gefasst zu den Kunden an der anderen Kasse und bat sie, sich an einer Kasse anzustellen.
Weniger Stress dank Intermediate Training
Der Dame fehlte vor allem eine helfende Hand und sie konnte vor Stress kaum klar denken. Zwei Fragen haben ihr geholfen, sich zu fassen und eine Lösung für ihr Problem zu finden.
Ich freue mich, wenn Sie Anregungen in meinem Beitrag gefunden haben oder sich sogar wiedererkannt haben. Was auf den ersten Blick esoterisch wirkt, hilft mir, mich mit anderen besser zu verstehen, ob mit Arbeitskollegen oder der Familie – zwei Personengruppen, die man sich bekanntlich nicht aussuchen kann.