Es gibt Tage, da scheint die Zeit für einen Moment still zu stehen. Und gleichzeitig rasen Ereignisse an Dir vorbei. Der Tag, an dem das 20-millionste Fahrzeug in Sindelfingen von der Produktionslinie fuhr, war für mich so ein Tag. Erinnerungen kommen zurück. Und gleichzeitig können wir hier im Werk schon die automobile Zukunft in Form dieses Mercedes-Benz S 500 E Plug-In Hybrid, dem Jubiläumsfahrzeug, erkennen.
Wer hätte gedacht, dass ich einmal 25 Jahre in der S-Klasse-Produktion arbeiten würde. Immer am Band 10. Heute bin ich Meister-Stellvertreter. Beruflich war ich als junger Mann zunächst einmal gelernter Bäcker. Damals, 1991. Statt kleiner Brötchen gab es bei Mercedes-Benz in Sindelfingen große Pläne:
Das neue Modell, der W140, stand an seinem Produktionsbeginn. Ich wollte dabei sein, wie dieses für damalige Verhältnisse große und technisch wegweisende Auto gebaut wurde. Beworben, vorgesprochen, den Meister überzeugt, etwas lernen zu wollen, ratz-fatz eingestellt. Es folgten Durchläufe im Werk, Qualifizierungen, Gruppenarbeit, über die Jahre immer wieder verschiedene Schulungen für die Modelle, an denen ich gearbeitet habe: W140, W220, W221 und aktuell W222.






25 Jahre und es macht immer noch Spaß
25 Jahre am selben Platz! Ich kenne das Band in und auswendig, jede Schraube, jede Steckdose. Wie ein zweites Zuhause. Wenn die Kollegen der Schicht eine Frage haben, bin ich für sie da. Meine langjährige Erfahrung zahlt sich aus und ich kann Jüngeren bei einem Problem weiterhelfen: Wen muss man dafür anrufen, wo kriegt man das Ersatzteil für eine Maschine oder ein Werkzeug her … und es macht immer noch Spaß.
Es ist eine Familiensache
Und es ist auch eine Familiensache: Meine Frau und mein Bruder „schaffen“ beim Daimler, das Patenkind, ein paar Vetter, wenn wir alle zusammentreffen, gibt es jede Menge Daimler-Geschichten! Meine persönliche Lieblings-S-Klasse ist (nach langem Nachdenken) der S221. Schon ein perfektes Auto, das sich auch zum Ende der langen Bauzeit noch sehr gut verkauft hat, haben wir ja an den Stückzahlen hier in Sindelfingen positiv bemerkt.
Und wer hätte gedacht, dass sich sogar ein grüner Ministerpräsident in einer grünen S-Klasse (W222) chauffieren lässt. Auch sie zog als Hybrid-Variante in der Produktion an uns vorbei. Ich kann mich sogar noch an ein paar Ausstattungs-Details erinnern, aber psst, „Staatsgeheimnis“ :)
Ich stehe vor dem 20-millionsten Fahrzeug
Heute, wieder ein paar Jahre, Autos und Schichten später, stehe ich vor dem 20-millionsten Fahrzeug, das in Sindelfingen gebaut wurde. Und das auch noch an unserer Produktionslinie. Es ist eine S-Klasse S 500 e mit Plug-In Hybridantrieb.
Für mich technisch im wahrsten Sinne des Wortes „hochspannend“ dass ich in meiner aktiven Zeit die historische Wandlung zur Elektromobilität und zum autonomen Fahren erleben kann. Ich hätte mir beim besten Willen 1991 nicht vorstellen können, dass ein W140er mit drei Litern Verbrauch auf einhundert Kilometer auskommt. Da hätte der alte V8 im S 500 nur gelacht, sprich, gebollert.
Vom Karosserie-Werk zum Technologie-Werk
Um den 20-Millionen-Tag zu gebührend mit einem Blick zurück feiern, wurde sogar ein altes Mercedes-Benz 170 S Cabrio in die Werkshalle Gebäude 46 gefahren. Ich habe mal die schwere, hinten angeschlagene Tür geöffnet. Wie ein Panzerschrank. „Karosserie-Werk Sindelfingen“ stand damals stolz als Schriftzug auf vielen Fahrzeugen. Heute sind wir zusammen mit der Entwicklung und Forschung ein echtes „Technologie-Werk“.
Wenn neue Fahrzeuge, wie zum Beispiel der aktuelle W222 für die Produktion vorbereitet werden, so steht das Team an der Produktionslinie im direkten Austausch mit den Kollegen der Entwicklung. Wir besprechen technische Details und gemeinsam setzen wir dann die neuesten Sindelfinger Innovationen für die Kunden um. Alle sind gemeinsam stolz darauf, dass wir mit jeder neuen S-Klasse immer wieder ein Auto auf die Räder gestellt haben, das uns Schwaben so leicht kein Bayer nachmacht.
Mal nachgerechnet mit Dieter Zetsche
Am Nachmittag gab es für das Jubiläumsauto und einige von uns sogar einen Fototermin und einen Filmtermin mit Dieter Zetsche, der uns eine interessante Zahl mitbrachte: „Die 20 Millionen Autos aus dem Werk Sindelfingen reichen 2,5 Mal um die Erde“ sagte er. Da müssten wir langjährige Kollegen vom Band 10 eigentlich mal nachrechnen, wie weit wir mit unseren Autos kommen würden, alle S-Klassen in 25 Jahren zusammengezählt. Also locker bis nach München und darüber hinaus…
Was wird eigentlich aus dem 20-millionsten Auto?
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es, dass mit dem 20.000 000 Fahrzeug, der S-Klasse Plug-In Hybrid, aus Sindelfingen etwas Besonderes passiert, vielleicht mehr, als dass es im Museum ausgestellt wird. Ideen hätte ich vielleicht schon ein paar. Sie auch?
Anmerkung der Redaktion: Hier geht’s zum Beitrag „20.000.000 Mercedes-Benz aus Sindelfingen“ von 5komma6.