Als ich Ende 2012 die Stelle in der Rohbau- bzw. Karosserieplanung China annahm, hatte ich nur eine vage Vorstellung darüber, was mich in China erwarten wird – denn ich war bis dahin noch nie in Asien gewesen.
Dazu sollte man wissen, dass in Peking, zusammen mit dem Joint Venture Partner BAIC die verlängerte Version der C-Klasse rein für den chinesischen Markt gebaut wird. Diese chinaspezifische C-Klasse ist 80 mm länger als die Standardversion, die zum Beispiel in Bremen vom Band läuft. Darauf basierend entstand eine komplett neue Karosseriefertigung im Werk von Beijing Benz Automotive Co (BBAC). Der Mix zwischen einem manuellen Fertigungsumfang und gleichzeitig einem viel höheren, bisher noch nicht bekannten Automatisierungsgrad, für das chinesische Werk war eine große Herausforderung für alle Beteiligten im Projekt.
Rohbauplanung und vielseitige Aufgaben
Für die, die sich fragen, was man unter Rohbauplanung versteht, versuche ich meinen Aufgabenbereich zu beschreiben. Grundsätzlich wird der Rohbau in drei Bereiche aufgeteilt: den Unterbau samt Hauptboden, Vorder- und Heckwagen, dem Aufbau mit Seitenwänden und Dach sowie meinen Zuständigkeitsbereich – den Anbauteilen wie Heckdeckel, Türen, Motorhaube und Kotflügel.
Dieser Job in der Planung ist sehr vielseitig. Angefangen von Lieferantenauswahl, Angebotsauswertungen, Vergabeverhandlungen, Termin- und Layoutplanung bis hin zu Konstruktionsgesprächen für die einzelnen Vorrichtungen der Produktionszellen wird alles geboten. Nachdem die Planung, Anlagenkonstruktion und -bau abgeschlossen sind, kommt im Anschluss die Aufbauphase der Rohbauanlagen, und das war genau der Zeitpunkt als ich neu in das China Projekt kam.
Abflug in eine neue Welt: auf geht’s nach Peking
Recht schnell nach meinem Einstieg in der Rohbauplanung durfte ich zum ersten Mal nach Peking fliegen, denn der Aufbau der Anlagen mit den ersten Robotern und Zellen sowie die Vorbereitung für die Nullserie im Frühjahr 2013 waren schon voll im Gange. Ab diesem Zeitpunkt waren Equipment-Tracking, Lieferantenabstimmungen und vor allem die enge Zusammenarbeit mit den chinesischen Partnern gefragt.
Beziehung aufbauen
Nur was ich natürlich erst lernen musste, war – vor allem wenn man zum ersten Mal nach China kommt – dass man mehr als nur eine geschäftliche Beziehung zu allen chinesischen Ansprechpartnern aufbauen sollte. Warum? Dadurch, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Chinesen untereinander sehr persönlich geprägt ist und über den Feierabend hinaus besteht, basiert vieles im Berufsleben auf Beziehungen.
Ich muss schon sagen, dass diese Arbeitsweise für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig war. Wenn ich mich aber jetzt zurück erinnere, dann muss ich doch manchmal schmunzeln. Mittlerweile habe ich ein sehr gutes und vor allem freundschaftliches Verhältnis zu meinen chinesischen Kollegen aufgebaut und die Zusammenarbeit funktioniert wie ein Geben und Nehmen.
Nur musste ich mich erst, wie jeder andere hier auch, an zwei Extreme gewöhnen: Manchmal reicht sogar nur ein Anruf oder auch eine WeChat-Nachricht um eine Fragestellung zu klären. Das ist natürlich klasse. Teilweise sind die Prozesse jedoch viel langwieriger und schwieriger als ich sie aus Deutschland kenne, so dass man sich in Geduld üben muss.
Das Ziel: „Start of Production“
Nach der Nullserie kamen weitere Meilensteine, gefolgt von Anlagenoptimierungen, Änderungsprozessen, Produktionstests und Qualitätsschleifen, die notwendig waren, um die Rohbauanlagen auf volle Leistung und Qualität zu bringen. Als Planer ist man immer die Schnittstelle zu allen Gewerken und man steht in der Verantwortung über das gesamte geplante und jetzt installierte Equipment.
Das Ziel, worauf alle hingearbeitet haben, war „Start of Production“, der Mitte Juli diesen Jahres stattfand. Die erste offizielle Karosse, die den Rohbau in Richtung Oberfläche verlassen hatte wurde mit einer Zeremonie gefeiert. Nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen Kollegen aus unterschiedlichen Abteilungen war es möglich ein so gutes Ergebnis zu erzielen. Ich muss gestehen, zu sehen wie ein komplettes Fahrzeug Schritt für Schritt aufgebaut wird, begeistert.