Im Sommer wurde ich auf eine Ausschreibung der Daimler Academic Programs aufmerksam. Die Ausschreibung bot die Möglichkeit, ein Compliance Studium in Berlin zu absolvieren….
Rückblende: Vor mehr als 25 Jahren hatte ich Wirtschaftsingenieurwesen an der TH in Karlsruhe studiert. Meinen ersten Arbeitsplatz nach dem Diplom hatte ich im Werk Wörth. Dort war ich zunächst als Ausbilderin für Entwicklungs- und Produktionsplanungsingenieure tätig. Danach folgten Stationen der Prozessgestaltung in den Nutzfahrzeugwerken, im Aufbau von eBusiness Modellen in der zentralen IT, in der damals konzerninternen Unternehmensberatung und einige Jahre in der Vertriebssteuerung.
Compliance ist mehr als Business Practice Office
2007 wechselte ich in den Compliance Bereich, in welchem ich seitdem verschiedene Aufgaben übernommen habe. Mir liegt dieses Aufgabengebiet. Und: Es ist viel breitschichtiger, als es die meisten Kollegen im Konzern wahrnehmen. Es fokussiert sich bei weitem nicht nur auf das BPO, ein internes Hinweisgebersystem, Geschenke oder vermeintlich überbürokratisierte Prozesse.
Weiterbildung durch Academic Programs
Ich merkte aber schnell, dass mir trotz meiner breit angelegten Ausbildung und der vielschichtigen Erfahrungen und Kenntnisse, die ich im Konzern gesammelt habe, noch spezifische Rechtskenntnisse fehlten, um das Compliance Aufgabenspektrum umfassend abdecken zu können. Deshalb war ich privat auf der Suche nach Möglichkeiten, mich auf diesem Gebiet entsprechend weiter zu bilden, konnte mich aber aufgrund der hohen Kosten noch nicht zu einer Bewerbung durchringen.
Als ich dann erfuhr, dass Daimler sich unter bestimmten Bedingungen an den Kosten für ein Compliance Studium in Berlin ganz maßgeblich beteiligt, bewarb ich mich sofort auf einen der von der Daimler Academic Programs ausgeschriebenen Studienplätze. Ich nahm daraufhin an einem Auswahltag teil und erhielt die Zusage für ein gefördertes „Master-Studium Compliance“ in Berlin.
Familie, Vollzeit-Job und Studium
Im Kreis der geförderten Daimler Academic Programs Studenten war ich damals sicherlich noch eine der Ältesten. An der Uni aber dann nicht mehr, was mich einerseits überraschte, ich andererseits aber auch sehr interessant fand. Freunde, denen ich erzählte, dass ich nochmals studiere und noch dazu einen Master Studiengang, reagierten überrascht.
Warum machst Du das denn? Warum noch einmal studieren? Wozu? Diese Belastung – wie willst Du das denn neben Familie, Kind und Vollzeit-Job auch noch schaffen? Das zahlt sich doch nicht aus … Aber es gab auch viele positive Reaktionen: Respekt! Das könnte ich nicht. Das würde ich mir nicht zutrauen.
Präsenzunterricht in Berlin
Die skeptischen und negativen Reaktionen habe ich nicht verstanden. Als ich mich 2012 bewarb, hatte ich noch 15 Arbeitsjahre bis zur Rente vor mir, die ich mit dem gleichen Engagement und Wissen wie in der Vergangenheit absolvieren wollte. Insgesamt hatte ich Glück mit der Wahl des Studiums. Die Präsenszeiten in Berlin waren gut machbar. Im Schnitt fanden 4-5 Präsenzeinheiten in Berlin Dahlem pro Jahr statt. Und Berlin ist auch als Stadt immer eine Reise wert! Besonders interessant war einmal ein einwöchiger Field-Trip, der auch zeitmäßig wirklich gut mit den beruflichen Anforderungen vereinbar war.
Auch die Themen im Studium waren mir teilweise bereits gut bekannt. Andere hat man als erfahrene, langjährige Daimler Mitarbeiterin schnell erfassen und einordnen können und die neuen Dinge, z.B. Themen in virtuellen Teams mit Studien-Kollegen, die ich vorher nicht gekannt hatte, in kürzester Zeit zu erarbeiten und abzuschließen – die waren besonders interessant. Vor allem, weil es immer gut geklappt hat!
„Zu oberflächlich, zu wenig wissenschaftlich“
Ja, und dann war da noch die Benotung. Wie in der Schule oder im ersten Studium. Man wundert sich da manchmal. Ausgerechnet in einer Arbeit zu einem Themengebiet, das mein tägliches To-Do ist, hatte ich das Vergnügen, die Arbeit noch einmal schreiben „zu dürfen“. Die Arbeit sei zu oberflächlich, zu wenig wissenschaftlich.
Ich möchte hier nicht wiedergeben, was meine Gedanken waren. Also nachgefragt, was fehlt? Daraufhin bekam ich eine Mail mit Anmerkungen. Also – diese Anmerkungen genauestens abgearbeitet und siehe da – geht doch – sehr gute Benotung im zweiten Versuch. Schlag das System mit seinen eigenen Waffen! Ich glaube, dass man, wenn man älter und erfahrener ist, anders mit diesen Dingen umgeht (auch wenn man sich natürlich erst einmal ärgert!).
Durchgezogen!
Ich habe das Studium erfolgreich absolviert und sehr gut abgeschlossen. Und ich freue mich sehr darüber, das durchgezogen zu haben. Es war zeitweise sehr anstrengend. Erst nach dem Kolloquium habe ich gemerkt, welcher zentnerschwere Sack da permanent auf meinen Schultern lastete. Immer die Gedanken „Wenn Du dieses Wochenende nichts machst, dann musst Du aber unbedingt nächstes Wochenende etwas arbeiten …..“.
Rückblickend war dieses Studium für mich eine wertvolle Erfahrung – und ich bin meiner Firma dankbar dafür, mich auf diesem Weg entsprechend unterstützt zu haben. Ich weiß, dass ich es noch kann (und manchmal besser als Jüngere, ohne polarisieren zu wollen). Und ich kann nur jeden ermutigen, der sich für einen solchen Weg interessiert, den Mut zu haben, ihn tatsächlich zu gehen.
Danke!
Die Würdigung unserer Abschlüsse im Rahmen der Daimler Academic Programs Annual Conference empfand ich deshalb persönlich als eine sehr angemessene und schöne Veranstaltung. Sie wurde jedem Einzelnen, der diese Doppelbelastung auf sich nimmt und dann positiv abschließt, durch die Ehrung von Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth sehr gerecht. Vielen Dank dafür!