Nach meinen drei Monaten bei Daimler India Commercial Vehicles südindischen Chennai kann ich dieses abgewandelte Sprichwort aus meinem Reiseführer mehr als bestätigen.
Aber der Reihe nach. Mein Name ist Jesko Schartel und ich absolviere bei der EvoBus GmbH in Neu-Ulm ein duales Studium „BWL-Spedition, Transport und Logistik“. Mein Unternehmen ermöglicht mir eine dreimonatige Praxisphase an einem ausländischen Standort des Konzerns. Unterstützt wurde ich dabei nicht nur mit vielen Tipps sondern auch finanziell.
Die EvoBus GmbH ist Daimler Buses zugehörig jedoch nur in Europa vertreten. Außerhalb von Europa gibt es auf fast jedem Kontinent eine eigene Gesellschaft, die für Daimler Busse produziert. Da Daimler Buses weltweit vertreten ist darf natürlich auch Indien nicht fehlen. Die Daimer India Commercial Vehicles produziert zwar schon länger Trucks in Chennai, aber ab diesem Jahr sollen auch Busse dazu kommen.
Da man so viel über Indien hört wollte ich die Gelegenheit nutzen und mir selbst ein Bild über die Kultur, das Land und die Menschen machen. Aber auch fachlich bietet sich der Standort Chennai an, da während meinem Aufenthalt die heiße Phase vor dem Produktionsstart des neuen Buswerkes sein sollte.
Los geht´s
Nach den nötigen Vorbereitungen samt Visum, Impfungen und Wohnungssuche ging es am 02.01.2015 im achtstündigen Flug von Frankfurt nach Chennai wo ich freundlich von meinen neuen indischen Mitbewohnern und dem südindischen Winter, der mit 25 Grad um 2 Uhr nachts sich eher wie Sommer anfühlt, begrüßt wurde.
Nachdem ich das erste Wochenende genutzt habe Chennai und mein Wohnviertel zu erkunden, klingelte am Montag um 5.30 Uhr der Wecker. Da das Werk in Oragadam etwa 40 Kilometer südlich von Chennai liegt, benötigte der von DICV angebotene Mitarbeiterbus von meiner Wohnung rund eine Stunde dorthin. An meinem ersten Tag führte mich mein Betreuer über das gesamte Werksgelände inklusive des sich noch im Bau befindenden Buswerk und stellte mir die Abteilung BUS/IP vor in der ich die nächsten drei Monate arbeiten sollte.
Buswerk statt Großraumbüro
Mein Aufgabengebiet umfasste vieles, aber der Fokus lag darauf die Eingangskontrollen der Teile für die ersten produzierten Chassis zu unterstützen. Fast täglich kamen Materialien aus aller Welt in das Werk in Chennai, von indischen Lieferanten aber auch aus anderen Werken der Daimler AG. Es galt also zu Planen wie die Teile untersucht wurden, wer sie untersucht und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Eine mehr als interessante Aufgabe, die sich von den Aufgaben die ich bisher in Neu-Ulm bearbeitete habe sehr unterscheidet. Daher verbrachte ich nicht viel Zeit im für Indien typischen Großraumbüro, sondern eher im Buswerk.
Dort war es spannend zu sehen was alles passiert bevor die Produktion eines Chassis starten kann. Als ich in Chennai ankam stand noch kein Regal für die Teile und auch von Produktion war nicht zu denken. Aber von Tag zu Tag wurde fleißig gebaut, so dass ich in meiner Praxisphase noch die ersten Tests an den Schweißstationen miterleben konnte.
Aber es wurde nicht nur geschweißt, ab Serienstart werden die Chassis auch lackiert und mit allen nötigen Extras ausgestattet. Danach werden sie an den Aufbauhersteller Wright Bus im nebenliegenden Werk übergeben. Wo sie fertig gebaut und für den indischen und internationalen Markt angeboten werden.
Vom Neubau des Werkes über den Aufbau der Produktionslinie bis zu den netten Mitarbeitern in meiner Abteilung gab es jeden Tag etwas Neues zu erleben und entdecken.
Freizeit in Indien
An Wochenenden und Feiertagen konnte ich die Zeit nutzen um mit Freunden, Mitarbeitern und Mitbewohnern das Land zu bereisen. Wie ich dabei von A nach B kam war fast egal. Vom Bus, der seine besten Jahre wohl in den frühen 60ern hatte, über den Zug der mit gemütlichen 15 km/h unterwegs ist bis zur rasanten Fahrt im Tuk Tuk war alles möglich. Von den drawidischen Tempeln im Süden zu den Palästen der Mughal-Dynastie in Delhi oder Agra gibt es für Liebhaber außergewöhnlicher Architektur an fast jedem Ort etwas zu bestaunen.






Doch nicht nur die einzigartigen Gebäude waren die Reise wert, sondern auch die Einwohner des Landes. Überall wurde ich freundlich aufgenommen, bei Problemen hat man mir immer, den Sprachbarrieren zum Trotz geholfen und in meiner kurzen Zeit hat man mich zu mehr Hochzeiten eingeladen als ich in Deutschland je besuchen werde. Das köstliche indische Essen, welches ich auch nach drei Monaten Übung nicht richtig mit den Händen essen kann, konnte ich ohne den berüchtigten Delhi Belly überstehen.
In meiner letzten Woche hielt ich mich in Nordindien auf. Die beiden heiligen Städte Varanasi und Bodhgaya waren ebenso eine Reise wert wie die Weltstadt Delhi.
Eine tolle Erfahrung
Kurz bevor ich mich wieder auf den Weg nach Deutschland machte, hat mir Chennai gezeigt, dass es hier nur drei Wetterlagen gibt: „Hot, hotter, hottest“.
Den Produktionsstart im Buswerk habe ich leider nicht mehr miterlebt, da ich ein paar Tage vorher schon wieder an die Duale Hochschule musste.
Doch ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein einer unvergesslichen Zeit im Ausland die sowohl fachlich als auch persönlich sehr lehrreich war. Wenn sich mir die Möglichkeit ergeben würde wäre ich immer bereit weitere Zeit im Ausland zu verbringen.
Also bis zum nächsten Mal, weite Welt.